Donnerstag, 30. Juli 2015

Angkor - Baumwurzeln auf Stein

Für die nächsten drei Tage stand Tempeltour auf dem Programm. Angkor zu sehen, ist echt nicht billig: 80$ für uns beide, drei Tage, Kinder unter 12 Jahren sind frei.
Bei Nuno hatte sich derweil ein Mückenstich infiziert und er brauchte "sein" Antibiotikum. Jeder Schritt schmerzte ihm und er  konnte das Herumstöbern leider erst am dritten Tag genießen.
Im Anschluss kommen ein paar Eindrücke von den vielen wundervollen Orten, die uns beeindruckten. Es sind allesamt Bilder von der Handykamera. Nach unserer Heimkehr werde ich sie durch die der Spiegelreflexkamera ersetzen. Bis dahin muss das für's Erste reichen.















Berichte von bettelnden Kindern in den Tempeln eilten uns voraus. "One Dollar" oder "Candies" wollten wir nicht geben. Um die aufoktroyierte Zwangsbettelei durch deren Eltern nicht noch weiter zu unterstützen, wollten wir eigentlich gar nichts geben, aber das brachten wir angesichts der ganzen Armut nicht über's Herz. Stifte, Hefte und Radiergummis kauften wir zu Hauf und verteilten sie gerne an die Trauben von Kindern, die sich schnell um uns bildeten - bis alles leer war und für einige nichts mehr übrig blieb. Unsere Herzen waren mit ihnen traurig. Also holten wir unsere Äpfel hervor: die kamen viel besser an, als die Schulmaterialien zuvor! Äpfel sind in Kambodscha unglaublich teuer (1 kg = 3,50 $). Unbezahlbar für die Menschen hier. Von diesem Moment an füllten wir unseren Rucksack nur noch damit.
An jedem größeren Tempel saß eine Gruppe Landminenopfer - Kinder, Männer, allesamt ohne Bein. Manche traf es schlimmer, aber sie spielten auf ihren Instrumenten typische Khmermusik. Ihnen gaben wir gerne Geld und hörten ihrem sanften Spiel zu. Nuno hatte viele Fragen...
Studenten führten uns gegen Spenden durch die alten Mauern, um für die Gruppe, der sie angehören, Geld zu sammeln. In den paar Tagen in Angkor überkam uns die Gewissheit, dass es einfach zuvielen Menschen zu schlecht geht. Ich fragte mich, ob es richtig ist, als privilegierte Europäerin in so ein verarmtes Land zu reisen und ich wusste keine Antwort darauf, was unser Erscheinen in ihnen auslösen würde. Wut, Trauer, Neid, Freude?

Ab der Mitte des zweiten Tages hatten wir so viele Ruinen gesehen, dass wir ziemlich übersättigt waren. Beim nächsten Stopover mit unserem TukTuk-Fahrer sagte Rocco nur noch:"Auf zur nächsten Baumwurzel auf Stein." Und hier kommen noch einige :-).









Nuno und Ronja kokelten am liebsten mit den Räucherstäbchen herum und eine alte Nonne sprach Gebetssalven für Glück im Leben inklusive einem Armband.





Abends ging es für Rocco und Nuno zum Frisör um die Ecke. "Wie immer, bitte!" :-)
Und er schnitt wie immer, gleichzeitig der kambodschanischen Version von Deutschland-sucht-den-Superstar zuschauend. Während die Jury deutsche Sänger in aller Öffentlichkeit blamiert, werden die kambodschanischen Männer & Frauen für ihre Arbeit im Kinderheim etc. geehrt und ihr Gesang gelobt.


Sin City - Siem Reap

Wir ergatterten ein paar der letzten 2.Klasse-Tickets im Nachtzug nach Bangkok. Für umgerechnet 70 Euro fuhren wir zusammen durch das ganze Land - toll :-)!
Um diesen einen Zug zu erreichen und in Bangkok unseren Anschlussflug nach Siem Reap (Kambodia) zu erreichen, wollten wir in Vientiane den Zubringer-Zug nehmen und ließen uns mit einem Sammel-TukTuk ins Nichts fahren - ein sehr geeigneter Ort für eine Bahnstation. Wie sich im Nachhinein ergab, legten wir eine Menge Geldwert in die Hände dieses TukTuk-Fahrers, denn Zeit und Pünktlichkeit scheinen für Laoten eine dehnbare Konstante zu sein. Wir schafften den laotischen Zug knapp und waren entsprechend angespannt, denn Zug weg heißt Flug weg!

Umso glücklicher waren wir, als wir die Grenze über den Mekong nach Thailand passierten (evtl. auf den Bildern zu erkennen ;-)).





Der Nachtzug war also geritzt. Wir deckten uns vorher mit "Flied Lice" ein - also gebratenem Reis mit Gemüse, was angesichts der Preise im Boardbistro eine prima Idee war und zogen gegen 19:00 los.



Ziemlich schnell nach der Abfahrt wurden die Betten heruntergeklappt und bezogen. Für's Erste sah alles gemütlich aus.



Wir fanden unsere Kajüten ziemlich komfortabel. Derweil tranken wir Großen ganz heimlich unsere kleine Dose BeerLao, denn im Zug herrschte striktes Alkoholverbot und unser Wagonbegleiter saß direkt unter uns (die Klassenfahrt-Erinnerungen wurden wieder ausgepackt :-)).



Leider fehlten dem Nachtzug zwei entscheidende Details: ein Dimmer gegen das geißelnd helle Licht und die Regulierung der Klimaanlage, die uns arktische Kälte in die Kabine blies. Die Nacht war entsprechend kurz und um fünf Uhr morgens auch schon wieder vorbei, denn praktischerweise hielt der Zug am Flughafen Dong Muaeng, von dem es weiter nach Siem Reap ging.





Völlig gerädert kamen wir gegen Mittag an und checkten ins Garden Village Guesthouse ein (keine gute Wahl - völlig überlaufen, wahnsinnig überchlorter Pool & zuviele Drogen).

Unser erster Eindruck von den Kambodschanern war, dass sie (genau wie die Laoten) alle miteinander dünn und sehnig in der Statur waren. Der Unterschied zu den wohlgenährten Thais fiel uns sofort auf - die Armut war deutlich sichtbar. Auf unserer ersten Tour durch die Straßen trafen wir einen sehr aufgeschlossenen jungen Mann, der uns mal flüsternd, mal sanft von der jetzigen Situation in seinem Land erzählte.
Angeblich geht es laut der Regierung stetig bergauf; im staatlichen Fernsehen "beweisen" sie der Bevölkerung ihren Fortschritt mit Ausschnitten aus neu gebauten Straßen und Schulen. Die Menschen fragen sich nur, wann sie diesen "Aufschwung" spüren und wohin ihre Steuern fließen. Ich empfahl ihm, sich den Flughafen in seiner Stadt anzuschauen - dann werde er wissen, wohin das Geld versickert. Die Regierenden fahren außerdem allesamt Mercedes, während ein Großteil der Menschen von der Hand in den Mund lebt und ihr ganzes Geld in die Bildung ihrer Kinder stecken, damit sie es einmal besser haben werden.

Bis jetzt können sich die Kambodschaner nicht beschweren, aber mehr und mehr setzen sich die jungen Leute zur Wehr. Ich empfahl ihm das Buch "Farm der Tiere" von George Orwell - es passt sehr gut zu dieser Regierung, die sich seit 30 Jahren die Taschen füllt!



Auf uns machte Siem Reap den Eindruck als Stadt der Sünde - Sin City. Mit Angkor bietet die Region so viel Kultur, aber die Straßen sind gefüllt mit Partyleuten, die sich allabendlich ins Nachtleben stürzen. Casinos, Rotlichtschuppen und SchickiMicki neben so viel Armut. Wir erfuhren, dass viele Clubs, Bars und Massagesalons russische Besitzer haben - die Kambodschaner mögen Russen überhaupt nicht. Rocco wurde im Übrigen zweimal angesprochen, ob er Russe sei, darunter einmal sehr unfreundlich von einem betrunkenen Einheimischen beim Abendessen - keine schöne Erfahrung.
A propos Essen: in den fünf Tagen hier hatten wir Großen nur zu tun, unsere Mägen von Krämpfen zu beruhigen, während Nuno und Ronja mit ihren ungesunden Pommes & Burger nichts hatten.

Siem Reap besitzt diesen Widerspruch in sich und ist kein Ort, an dem wir zurückkehren müssen - ganz anders Angkor.